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Foto: Jonathan Pendleton
Hintergrund

Anleitung für getrennte Eltern

Thomas Meyer
1-2-2022

Trennungen sind immer ein einschneidender Prozess. Mit Kindern gestaltet er sich erst recht herausfordernd: Die Beziehung endet nicht, sondern erhält eine neue Form. Wie du diesen psychologischen Extremfall konstruktiv bewältigst, erfährst du hier.

Kinderlose Paare, die sich trennen, haben es gut: Sie können sich voneinander abwenden und brauchen nie wieder ein Wort zu wechseln. Eltern hingegen geniessen diesen Luxus nicht. Sie bleiben über ihre Kinder eng miteinander verbunden und müssen diesen zuliebe einen vernünftigen, respektvollen Umgang pflegen. Leicht gesagt, wo es doch meist genau daran gehapert hat und man nach der Trennung erst mal nur seine Ruhe haben möchte.

Welche Fallen drohen in dieser Situation? Wie vermeidet man sie, und was tun, falls man dennoch hineintappt? Lies hier acht Anregungen, gründend auf zehn Jahren Erfahrung als getrennter Vater.

1. Wissen, wann genug ist

Ist aber die Vermeidung einer wohl schwierigen, aber letztlich kurzen Phase der Umwälzung durch eine Trennung es wirklich wert, sich selbst und seine Kinder auf Jahre hinaus seelisch zu zerrütten durch eine Atmosphäre, die immer wieder von Unaufrichtigkeit, Stress und Frustration geprägt ist?

Du weisst, wann genug ist. Und so beschissen eine Trennung auch sein kann – es ist um Welten beschissener, ein Leben zu führen, indem du unter Qualen etwas aushältst, das dir nicht guttut, weil es nicht mehr zu dir passt.

2. Die Trennung richtig verstehen

Es ist von grosser Wichtigkeit, dass du eure Trennung richtig verstehst. Sie ist nichts, was du deiner Partnerin oder deinem Partner antust, und nichts, was dir angetan wird, sondern ein notwendiger Entwicklungsschritt, der euch beide an einen besseren Ort führen wird.

3. Das Paradoxon umarmen

Getrennte Eltern sind einerseits Getrennte, die Gefühle von Verletzung, Trauer und Wut in sich tragen, andererseits sind sie Eltern, die den Alltag aufrechterhalten müssen. Das eine scheint das andere zu verunmöglichen: Wie soll man mit jemandem normal umgehen, den man zum Mond schiessen möchte? Und wohin mit all den Emotionen, wenn die Kinderbetreuung diesen kaum Platz lässt?

Umarme dieses Paradoxon. Es ist nicht dein Feind, sondern Teil deines neuen Lebens als getrennter Elternteil, und es hält eine ganze Reihe von wertvollen Lektionen für dich bereit:

  1. Du lernst, wie du deine Gedanken und Emotionen kontrollieren kannst (dazu gleich mehr).

2.Du lernst, wie du konstruktiv kommunizierst (dazu gleich mehr).

  1. Du lernst, Widersprüche auszuhalten.
  2. Du lernst, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
  3. Du lernst, dich auf eigene Beine zu stellen und Verantwortung zu übernehmen für deine Zufriedenheit – finanziell, emotional und sozial.

4. Die Gedanken domestizieren

Die Emotionen, die durch eine Trennung entstehen, sind heftig und wild und sogar körperlich zu spüren, und es ist nur normal, wenn dein Verstand sich mit aller Kraft gegen sie wehrt und ständig »Warum!« und »Aber!« ruft. Es hilft dir aber nichts, wenn du deine neue Lebenssituation sezierst und beklagst, denn erstens macht das die Trennung nicht rückgängig, und zweitens geht es bei diesem Protest nur darum, schwierige Gefühle von sich fernzuhalten.

Was sich jedoch an einer Trennung schlecht anfühlt, ist nicht die Trennung selbst. Die macht einfach traurig. Was sich so schlecht anfühlt, ist der mentale Widerstand, den wir ausüben, um keine Trauer zu fühlen. Sobald du also merkst, dass du dich gedanklich nur noch mit der Trennung beschäftigst und den vielen Möglichkeiten, wie sie hätte vermieden werden können, sag laut «Stopp!» – so oft, bis du dich besserfühlst. Oder überhaupt wieder fühlst.

5. Die Emotionen feiern

Es gibt einen schönen Begriff auf Englisch: «to bottle up emotions». Die deutsche Entsprechung wäre wohl «einkapseln». Genau so gehen wir mit unangenehmen Gefühlen üblicherweise um: gar nicht. Wir wollen «drüberstehen» und «weitergehen». Und tun dann so, als wäre alles in bester Ordnung, als hätten wir alles im Griff. Nach einer Trennung ist aber überhaupt nichts in Ordnung.

6. Kommuniziere ausschliesslich konstruktiv

Vorwürfe sind nichts anderes als unglücklich vorgetragene Bedürfnisse. Das hat schon während der Beziehung nicht funktioniert und funktioniert danach erst recht nicht. Es gibt jetzt nichts mehr zu besprechen, das euch als Paar betrifft, denn ihr seid keines mehr. Falls du unbedingt noch etwas loswerden willst, schreibe deiner bzw. deinem Ex einen Brief, schlaf drüber und schick ihn erst dann ab.

Eine der grössten Fallen der getrennten Elternschaft besteht darin, die bisherige Dynamik weiterzuführen, einfach an zwei verschiedenen Adressen. Redet also strikt nur noch über eure Kinder und deren Betreuung und lenkt eure Emotionen konsequent woandershin (Wald, Auto, Schiesskeller, Therapeut:in).

7. Ein Kind hat vier Eltern

Es gibt in der Psychologie den Begriff der emotionalen Brücke, auf der das Kind zwischen den Eltern wandelt. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Eltern ein Paar oder getrennt sind – wichtig ist, was sie zur Stabilität der Brücke beitragen. Man kann auch sagen: Ein Kind hat vier Eltern – Mutter, Vater, das Bild, das die Mutter vom Vater hat, und das Bild, das der Vater von der Mutter hat. Und es muss sich bei allen sicher fühlen.

Habt stets das Wohl eurer Kinder im Auge, nicht das Wohl eures Egos. Fragt euch: Wäre ich hier das Kind, womit wäre mir jetzt am meisten geholfen? Und womit überhaupt nicht?

8. Zusammenfassung

Titelbild: Foto: Jonathan Pendleton

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Der Schriftsteller Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren. Er arbeitete als Werbetexter, bis 2012 sein erster Roman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» erschien. Er ist Vater eines Sohnes und hat dadurch immer eine prima Ausrede, um Lego zu kaufen. Mehr von ihm: www.thomasmeyer.ch. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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