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Hintergrund

Ausprobiert: Linux auf einem Mac mit Apple-Silicon-Chip

David Lee
16-9-2025
Bilder: David Lee

Asahi Linux lässt sich ohne virtuelle Maschine direkt auf einem Mac mit Apple-Silicon-Architektur installieren. Es funktioniert grundsätzlich gut, beim Gaming musst du aber Abstriche machen.

Seit 2020 verwendet Apple für die Macs nicht mehr Chips von Intel, sondern ihre eigenen, die wie die iPhone-Chips auf der Arm-Architektur basieren. Diese Apple-Silicon-Chips haben den Macs zahlreiche Vorteile beschert, aber auch einen gewichtigen Nachteil: Windows läuft nicht mehr nativ, sondern nur noch virtualisiert. Das ist vor allem ein Problem beim Gaming. Viele Spiele sind nicht fürs Mac-System verfügbar und virtualisiert laufen sie nicht optimal oder gar nicht.

  • Produkttest

    Test: Windows 11 auf M1-Macs

    von David Lee

Wie sieht es mit Linux aus? Auch hier ändert der Architekturwechsel vieles. Virtualisiert kannst du mit zahlreichen Linux-Distributionen experimentieren. Anders sieht es aus, wenn du Linux direkt auf der Hardware laufen lassen willst. Die Anleitungen für Intel-Macs, die du im Netz findest, funktionieren auf einem Silicon-Mac nicht. Es gibt jedoch eine einfache Möglichkeit, Linux nativ zu installieren: Asahi Linux.

Was Asahi Linux ist

«Asahi ringo» bezeichnet im Japanischen die Apfel-Sorte McIntosh, die dem Apple Macintosh seinen Namen gegeben hat. Das Ziel von Asahi Linux ist, auf eine möglichst einfache Art Linux auf einen Mac mit Silicon-Architektur zu bringen. Und zwar nativ mit Dual Boot. Das Mac-System bleibt erhalten, zusätzlich kommt Linux auf die Kiste. Genauer gesagt: Fedora, wobei du zwischen den Desktop-Oberflächen KDE Plasma und Gnome wählen kannst.

Apples aktuelle Haltung gegenüber Fremdsystemen ist Gleichgültigkeit. Apple versucht nicht, Zweitsysteme auf Silicon-Macs zu unterbinden. Aber die Kalifornier unternehmen auch nichts, um sie zu fördern. Da der Chip-Aufbau nicht öffentlich dokumentiert ist, müssen die Mitwirkenden des Asahi-Projekts auf Reverse Engineering zurückgreifen, was sehr aufwendig ist.

Asahi ist ein kleines Projekt mit begrenzten Ressourcen. Die Installation funktioniert momentan nur auf den ersten beiden Generationen von Silicon-Chips, und daran wird sich wohl nicht so schnell etwas ändern. Konkret: M1 und M2 plus die jeweiligen Max- und Ultra-Versionen. Ich habe einen Mac Mini mit M1-Prozessor und 16 GB RAM, den ich nicht mehr brauche. Perfekt, um das auszuprobieren.

Warum überhaupt Linux?

Kollege Kevin hat die Linux-Distribution Ubuntu auf einem älteren Intel-Mac installiert. Hier ist der Grund klar: Apple beendet 2028 die Unterstützung für Intel-Chips. Mit Linux kann Kevin das Gerät auch danach noch sicher verwenden.

Beim Apple-Silicon-Chip ist das kein Thema. Hier treibt mich in erster Linie Neugier an: Ich will wissen, ob und wie gut es funktioniert. Grundsätzlich ist es immer gut, Linux als Option zu haben. Als maximal offenes System bildet es einen schönen Ausgleich zum geschlossenen Mac-System und könnte für spezifische Nerd-Projekte interessant sein, etwa wenn ich einen Mac Mini als Server verwenden möchte. In erster Linie erhoffe ich mir aber, dass ich unter Linux deutlich mehr Games spielen kann als auf dem Mac-System oder in meinem virtualisierten Windows.

Installation: Reparieren, was nicht kaputt ist

Die Installation ist auch für Durchschnitts-Anwender machbar. Zuvor musst du sicherstellen, dass du genügend freien Speicherplatz hast für Linux und alle Software, die du damit nutzen willst. Ausserdem solltest du, wie immer in solchen Fällen, deine Daten als externes Backup sichern.

Die Asahi-Installation startest du, indem du im Terminal folgenden Befehl und dein Admin-Passwort eingibst.

curl https://alx.sh | sh

Zuerst wird die bestehende Mac-Partition verkleinert, um Platz zu schaffen für eine Linux-Partition. Ich habe zunächst zu wenig Speicherplatz wegen nicht näher bezeichneten «Systemdaten». Die Speicherübersicht in den Mac-Einstellungen bezeichnet alles, was sie nicht näher identifizieren kann, als Systemdaten. Es ist daher nicht einfach herauszufinden, was ich genau löschen muss und wie. Mit Herumgooglen (oder Herum-ChatGPTen) und ausprobieren kann viel Zeit verstreichen.

Die Systemdaten sind manchmal sehr gross und es kann einige Zeit dauern, die Ursache herauszufinden.
Die Systemdaten sind manchmal sehr gross und es kann einige Zeit dauern, die Ursache herauszufinden.

Als ich endlich genug Platz habe, klappt das Verkleinern der Partition nicht. Die Partition sei fehlerhaft, ich solle sie reparieren. Das Disk Utility, zu Deutsch «Erste Hilfe», sagt mir aber, die Partition sei in Ordnung.

Nachdem ich mein virtualisiertes Windows 11 gelöscht habe, startet der Partitionsprozess zwar, bricht aber nach längerer Zeit ab, um wieder die gleiche Fehlermeldung auszugeben. Ich versuche nochmal die «Erste Hilfe» im Wiederherstellungsmodus – beim Start halte ich die Einschalttaste gedrückt. Erneut gibt es bloss die Rückmeldung, alles sei in Ordnung. Auch die Apple-Diagnose findet nichts.

Wie repariert man etwas, das nicht kaputt ist?

Da ich die Daten auf dem Mac bereits auf ein Macbook transferiert habe, entschliesse ich mich, das System komplett neu aufzusetzen. Danach funktioniert es auf Anhieb. Ich werde durch den Installationsprozess im Terminal geführt, die Sache ist einfach. Wer Englisch kann, sollte es schaffen. Als Desktop-Oberfläche wähle ich Gnome. Nun muss ich noch mit gedrückter Einschalttaste neu starten und Linux als Startvolumen wählen.

Auswahl der Partitionen beim Aufstarten.
Auswahl der Partitionen beim Aufstarten.

Erster Eindruck positiv

Fortan startet immer direkt Linux auf, ausser wenn ich erneut die Einschalttaste gedrückt halte – dann kann ich zwischen MacOS und Linux wählen. Fedora mit Gnome wirkt auf mich aufgeräumt und leicht verständlich. Die ersten Funktionstests sind erfreulich: Audio, externe Webcam, Internet, Bluetooth, alles funktioniert. Abstürze oder offensichtliche Bugs gibt es keine. Ich installiere den Brave-Browser, auch das klappt problemlos.

Der Zugriff auf die Mac-Partition ist leider nicht möglich. Apple nutzt das hauseigene APFS-Format, das von anderen Betriebssystemen nicht unterstützt wird. Umgekehrt kann ich auch nicht vom Mac-System auf meine Linux-Dateien zugreifen. Für die plattformübergreifende Datennutzung müsste ich eine exFAT-Partition oder einen externen Speicher verwenden.

Fedora mit Gnome im Dark Mode.
Fedora mit Gnome im Dark Mode.

Gaming: gemischte Gefühle

Viele Linux-Distros bieten gute Voraussetzungen, um Windows-Games zu spielen. Auch der Blogeintrag von Asahi zum Thema Gaming sieht vielversprechend aus. Unter anderem nutzt Asahi Linux die Virtualisierungsschicht Wine, um Windows-Anwendungen auszuführen. Wine wird auch in Apples Game Porting Toolkit verwendet.

Ich installiere Steam und starte es. Nun kann ich «Animal Well» spielen. Das ist zwar kein grafisch anspruchsvolles Game, läuft aber im virtualisierten Windows von Parallels trotzdem nicht, weil es DirectX 12 verwendet. Unter Linux Asahi läuft es tiptop. Auch meinen Game-Controller kann ich sowohl per USB als auch per Bluetooth verwenden.

Alleine für «Animal Well» hat sich das Linux-Experiment bereits gelohnt.
Alleine für «Animal Well» hat sich das Linux-Experiment bereits gelohnt.

Als Nächstes probiere ich «Stray» aus. Das Katzengame war ursprünglich nur für Windows verfügbar. Inzwischen existiert es auch für den Mac, sodass ich direkt vergleichen kann. Die Windows-Version von Stray läuft auf Asahi allerdings unbefriedigend. Als Default ist die Auflösung von 5120x2880 Pixel ausgewählt, obwohl ich nur einen UHD-Bildschirm habe. Damit ist das Game so langsam, dass schon das Ändern der Einstellungen zur Qual wird. Nachdem ich die Auflösung auf Full HD gestellt habe, lässt sich «Stray» spielen, die Grafik ist aber deutlich schlechter als nativ auf dem Mac. Das Fell der Katze wirkt ausgefranst und so richtig flüssig läuft es auch nicht. Was aber wirklich nervt: Bei jedem weiteren Start wird mir das Spiel völlig verzerrt präsentiert, sodass ich die Einstellungen zurücksetzen und die Auflösung wieder neu einstellen muss. Zudem funktioniert der Game-Controller hier nicht.

Verzerrte Darstellung von «Stray».
Verzerrte Darstellung von «Stray».

Extra ein AAA-Game für dieses Linux-Experiment kaufen mag ich nicht. Ich installiere jedoch die Demo zu Resident Evil 4. Sie startet schon gar nicht erst.

Fazit und ein Blick in die Glaskugel

Mit dem Asahi-Projekt lässt sich Fedora Linux mit KDE oder Gnome auf einfache Weise installieren. Das System läuft nach meinem Eindruck stabil und funktioniert. Das Mac-System bleibt als Partition auf dem Rechner erhalten und kann weiter verwendet werden. Bei mir klappte die Installation allerdings erst, nachdem ich das Mac-System neu aufgesetzt hatte. Ich würde Asahi Linux deshalb nicht auf einem Mac installieren, den ich für meine tägliche Arbeit brauche.

Fürs Gaming eignet sich das Projekt nur bedingt. Durch den Umweg über Linux lassen sich grundsätzlich auch Windows-Games auf dem Mac spielen. Steam funktioniert, manche Windows-Games laufen auch gut (zum Beispiel «Animal Well»). Aber es funktioniert längst nicht alles. Du musst damit rechnen, dass dein gewünschtes Spiel nur mit deutlichen Einschränkungen oder gar nicht läuft.

Wie sieht die Zukunft aus? Asahi Linux wird weiterentwickelt, aber nur langsam. Was die Gaming-Möglichkeiten betrifft, könnte schon bald die Situation eintreten, dass das macOS mehr bietet als der Umweg über Linux. Apple versucht schon seit Jahren, die Game-Entwickler zu mehr Portierungen zu bewegen. In letzter Zeit offenbar mit Erfolg. Neben «Stray» habe ich einige Games entdeckt, die ursprünglich nicht für den Mac verfügbar waren, jetzt aber schon. Allen voran «Cyberpunk 2077», das im Juli 2025 für den Mac erschienen ist. Im Apple Store finden sich zudem «Death Stranding Director’s Cut» und «Assassin's Creed Shadows», obwohl diese auf Steam nur für Windows verfügbar sind.

Auch wenn die Auswahl im Vergleich zu Windows immer noch sehr bescheiden ist: Es tut sich hier etwas. Trotzdem bleibt Linux Asahi ein interessantes Projekt. Bist du bereits auf eine neue Silicon-Generation umgestiegen, spricht nichts dagegen, auf deinem alten Mac Asahi auszuprobieren.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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