
Kritik
Der Inbegriff einer sanften Neuauflage: «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» im Test
von Kevin Hofer

Square Enix vereint zwei Spiele im neuen «Dragon Quest»-Remake. Die Teile I und II schliessen die Erdrick-Trilogie ebenso eindrucksvoll ab wie Teil III, der den Anfang machte.
Falls du nach diesen einleitenden Worten verwirrt bist, verstehe ich das. Die Remake-Reihenfolge wirkt zunächst unlogisch. Square Enix entschied sich dafür, weil die ersten drei «Dragon Quest»-Spiele eine Trilogie bilden. Teil III ist das Prequel, Teil II schliesst die Reihe ab. So betrachtet ergibt das Vorgehen Sinn.
In der Umsetzung machen Square Enix und die Entwicklerteams alles wie bei Teil III – und das ist goldrichtig.
Die «Dragon Quest»-DNA spüre ich schon in Teil I des Remakes. Erstaunlich, wie stark die Reihe damals schon war. Das liegt nicht nur am einzigartigen Artstyle von Mangaka Akira Toriyama, sondern auch am Gamedesign von Yuji Horii und der Musik von Koichi Sugiyama. Dieses Trio prägte die Magie der Reihe von Anfang an. Im Hauptmenü wähle ich, welchen der beiden Teile ich spielen will.
Im ersten JRPG spiele ich einen Nobody, der behauptet, ein Nachfahre des legendären Helden Erdrick zu sein, der in Teil III die Welt rettete. Selbstverständlich glaubt ihm niemand, also muss er es mit seinen Taten beweisen und die Welt vor dem Drachenfürsten retten.
Das – Achtung: Spoiler! – gelingt ihm. In Teil II wiederholt sich die Geschichte: Die Nachfahren des Helden aus Teil I treten in seine Fussstapfen und besiegen erneut das Böse.
Ich mag die Geschichte von Teil II mehr als die von Teil I. Hier steuere ich eine Gruppe, im ersten Teil nur einen Helden, der stumm bleibt. Der Hauptheld im zweiten Teil spricht zwar auch nicht, aber seine Begleiter, die ich im Laufe des Abenteuers finde, schon. So bin ich emotional näher an der Erzählung dran.
Beide Titel profitieren vom HD-2D-Upgrade. Ich mag den Stil, meine Augen sind die opulente Pixelkunst mittlerweile gewohnt. Alles sieht hübsch aus, aber ich sauge es weniger auf als beim «Dragon Quest III»-Remake. Die Unschärfe ist nicht so extrem wie bei «Octopath Traveler». Die kräftigen Farben passen perfekt zu «Dragon Quest» und den Charaktermodellen von Toriyama.
Auch die Grafik in den Kämpfen sieht toll aus. Wie in den Originalen kämpfe ich in der Egoperspektive. Die aufgefrischten Modelle und Animationen lassen mich vergessen, dass ich meine Charaktere nicht sehe.
Ein wahrer Genuss ist der Soundtrack: Die unvergesslichen Melodien von Koichi Sugiyama, gespielt vom Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra, verleihen der Welt epische Grösse.
Die Kämpfe laufen rundenbasiert ab. Ein grosser Unterschied zwischen den Titeln ist die Art der Auseinandersetzung: In Teil I kämpfe ich allein. In Teil II trete ich mit meiner Gruppe gegen die Gegner an, was mehr strategische Tiefe ermöglicht.
Im Remake kann ich den Computer für mich kämpfen lassen. Ich wähle das Verhalten der Charaktere: Alles geben, weise kämpfen, aufs Heilen fokussieren oder mich decken. Aufgrund der vielen zufälligen Begegnungen mit Monstern ist der automatisierte Kampf ein willkommenes Feature.
Neu kann ich sehen, gegen welche Art von Attacken die Feinde schwach sind, was für Neulinge praktisch ist. Zusätzlich kann ich die Geschwindigkeit der Kämpfe beeinflussen. Das sind willkommene Features, denn in beiden Spielen muss ich meine Charaktere regelmässig hochleveln, was durch die höhere Kampfgeschwindigkeit vereinfacht wird. Wem das zu mühsam oder einfach ist, kann die Schwierigkeit anpassen.
Nach jedem Kampf erhalten meine Charaktere Erfahrungspunkte und steigen in Stufen auf. Neben verbesserten Statuspunkten winken neue Fähigkeiten. Diese kann ich nicht wählen, sie sind durch den Charakter und den Level bestimmt. Neu kann ich durch Schriftrollen, die ich finde, Zaubersprüche oder Fähigkeiten lernen. Das Kampfsystem in Teil I und II ist nicht komplex, bietet aber genug Tiefe, um nicht langweilig zu werden. Dennoch wirkt es nicht mehr taufrisch.
Der Hands-off-Approach bei Gameplay und Geschichte trägt dazu bei. Erklärt wird mir weder das Kampfsystem noch die Geschichte. Das erfahre ich, indem ich mit NPCs spreche. Oder ich aktiviere den Remake-exklusiven Quest-Marker und das Story-Logbuch, die mir den Weg zeigen. Eine massive Erleichterung ist der «Zoom»-Zauber, der als Schnellreisefunktion dient und mir viel Laufarbeit erspart.
Square Enix liefert mit dem HD-2D Remake von «Dragon Quest I & II» eine liebevolle Neuauflage zweier JRPG-Klassiker. Die opulente Pixelgrafik und der orchestrale Soundtrack hauchen den über 35 Jahre alten Spielen neues Leben ein, während moderne Features wie Schnellreise, Kampfbeschleunigung und optionale Quest-Marker die Spielmechanik zugänglicher machen.
Trotz der gelungenen Modernisierung können die simplen Gut-gegen-Böse-Geschichten und das repetitive Grinding das Alter der Spiele nicht verbergen. Für Fans der Reihe und JRPG-Nostalgiker ist das Remake dennoch eine klare Empfehlung.
Pro
Contra
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.
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Die Geschichten sind klassische Gut-gegen-Böse-Erzählungen. Angesichts der Originalveröffentlichungen 1986 und 1987 finde ich das nicht schlimm. Die Entwickler fügen Story-Szenen hinzu, die die Erzählung dichter machen. Die zusätzlichen Szenen gefallen mir – vor allem jene Unterwasser in Teil II –, sie können aber das Alter der Geschichten nicht verbergen. Sie wirken weniger rund als das Remake von Teil III, das selbst in die Jahre gekommen ist. Dennoch bereiten sie mir Spass.




Wie Teil III laden die Teile I und II zum Erkunden ein. In Töpfen finde ich Waffen, Ausrüstung oder Gegenstände. Auf der Karte entdecke ich kleine, nicht eingezeichnete Gebiete. Von NPCs erfahre ich von versteckten Schätzen oder fernen Orten. Besonders in Teil II wird die Welt grösser und ich kann per Schiff neue Kontinente entdecken. Die Spiele versprühen die Magie früherer JRPGs, wo sich hinter allem etwas verstecken kann.
