Universal Pictures
Kritik

«Jurassic World: Rebirth» – Life, uh, finds a Reboot

Luca Fontana
2-7-2025

Nach Laser-Raptoren und Heuschrecken-Horror wagt «Jurassic World: Rebirth» den Reset. Kein Meilenstein – aber vielleicht ein Lebenszeichen. Und ein stiller Beweis, dass weniger manchmal mehr ist.

Keine Sorge: Die folgende Filmkritik enthält keine Spoiler. Ich verrate dir nicht mehr, als ohnehin schon bekannt und in den Trailern zu sehen ist. «Jurassic World: Rebirth» läuft ab dem 2. Juli im Kino.

Manchmal frage ich mich, ob «Jurassic Park» nicht weniger ein Abenteuerfilm war als vielmehr eine weltliche Schöpfungsgeschichte. Nur dass Gott darin ein Unternehmer mit Grössenwahn war, der glaubte, Wunder liessen sich wie Fahrgeschäfte planen. Statt aus Lehm formte er Leben aus DNA – extrahiert aus Mücken, seit Jahrmillionen im Bernstein eingeschlossen. Und statt am siebten Tag zu ruhen, öffnete er die Tore zu einem Themenpark.

«Welcome to Jurassic Park», sprach er dann.

Dieser Satz ist bis heute so mächtig, weil er etwas Unaussprechliches berührt: die Sehnsucht nach Kontrolle über das, was wir nie beherrschen sollten. Genau deshalb ist es so irritierend, wie das Franchise in den letzten Jahrzehnten seinen eigenen Subtext vergessen hat. Wie aus Ethik Krawall wurde. Aus Ehrfurcht Spektakel. Aus Dinosauriern Spielzeuge ...

Und jetzt kommt «Jurassic World: Rebirth». Ein Film, der gar nicht erst versucht, das Rad neu zu erfinden – sondern sich fragt, warum es sich überhaupt nicht mehr dreht und wie man es wieder anschubsen könnte. Ob das gelungen ist?

Als Dinosaurier noch Wunder waren

Bevor ich über «Jurassic World: Rebirth» sprechen kann, muss ich einen Schritt zurückgehen. Zurück zu jenem Moment im Kino, der 1993 alles veränderte.

Es war nicht nur die bahnbrechende Technik. Nicht die lebensechten Dinosaurier. Und auch nicht allein die Regie von Steven Spielberg, der wusste, wie man Spannung aufbaut, bevor man sie einlöst. Was «Jurassic Park» zu einem Meilenstein machte, war das Gefühl, dass hier etwas Heiliges berührt wurde – und gleichzeitig etwas zutiefst Gefährliches.

Der Film setzte auf Staunen. Klar. Aber er zeigte seine Kreaturen nicht als Monster, sondern als Tiere. Lebewesen mit Gewicht, mit Verhalten, mit Würde. Der erste Blick auf die Brachiosaurier war eine Offenbarung. Selbst das T-Rex-Debüt baute nicht auf roher Gewalt, sondern auf Atmosphäre. Du erinnerst dich. Der bebende Wasserbecher. Die zitternde Kamera. Dunkelheit. Furcht. Regen.

Rot leuchtende Fackeln.

«Jurassic World: Rebirth» leiht sich durchaus ein paar visuelle Eindrücke aus dem Original.
«Jurassic World: Rebirth» leiht sich durchaus ein paar visuelle Eindrücke aus dem Original.
Quelle: Universal Pictures

Mit Staunen allein war’s allerdings nicht getan. «Jurassic Park» war durchdrungen von einer moralischen Frage, die in jeder Szene mitschwang: Was bedeutet es, Leben zu erschaffen, nur weil man es kann – ohne zu fragen, ob man es sollte? Dazu kamen Figuren, die weit mehr als Plot-Vehikel waren. Malcolm, Grant, Sattler: Sie waren Verkörperungen von Haltung. Der Skeptiker. Der Pragmatiker. Die Forscherin.

Sie alle liessen uns spüren, dass hier etwas aus dem Gleichgewicht geraten war. Gerade darum funktionierte der Film auch weit über den Monster-B-Film-Tellerrand hinaus. Er war ein Gleichnis über Fortschritt ohne Kontrolle. Neugier ohne Verantwortung. Wissen ohne Weisheit. Und: Kapitalismus ohne Grenzen. Denn kein Opfer, so postulierte Michael Crichton bereits in der Romanvorlage, ist zu gross, es nicht zu erbringen – solange jemand Eintritt dafür zahlt.

«Life … uh, finds a way», fasste Ian Malcolm die ganze Tragweite dieser Geschichte zusammen.

Kleine Geschichte, grosse Wirkung?

Je grösser das Franchise wurde, desto kleiner seine Wirkung. Aus einem Film über Wunder wurde eine Reihe über Gefahrenmanagement und Superraptoren mit Laser-Zielerfassung (kein Scherz). Die Frage «Was haben wir da getan?» wich dem Satz: «Was kann unser Raptor als Nächstes?» Und im grossen Finale von «Jurassic World: Dominion» ging es nicht mal mehr um Dinosaurier. Es ging um prähistorische Heuschrecken.

Heuschrecken.

Zum Glück ist die komplett am Thema vorbei erzählte Heuschreckenplage aus «Jurassic World: Dominion» passé. Dinos stehen wieder im Zentrum.
Zum Glück ist die komplett am Thema vorbei erzählte Heuschreckenplage aus «Jurassic World: Dominion» passé. Dinos stehen wieder im Zentrum.
Quelle: Universal Pictures

Mit «Jurassic World: Rebirth» scheint sich das Blatt zu wenden. Ein wenig, zumindest. Nein, der nunmehr siebte (!) Teil des Franchises ist noch immer kein moralisches Meisterwerk, das dem Original auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Aber er hat sich offenbar zumindest die richtige Frage gestellt: Wie kommen wir wieder zurück zu den Qualitäten des Originals?

Zu Beginn ist ein angenehm simpler Plot mit moralischem Dilemma: Eine verbotene Insel, drei seltene Dinos, deren DNA medizinisches Gold wert ist – und ein Pharmakonzern, der genau das zu Geld machen will. Heimlich, versteht sich. Denn Menschen dürfen die Insel aus guten Gründen nicht betreten. Parallel strandet eine Familie auf Weltumsegelung just an diesem Ort. Es braucht nicht mehr als diese beiden Stränge, um eine Geschichte in Gang zu setzen, die nicht die Welt verändern will – sondern einfach nur ein Abenteuer erzählt, das aus dem Ruder läuft.

Gareth Edwards – selbst ein Fan des Originals – inszeniert «Rebirth» zudem mit jener Handschrift, die schon «Godzilla (2014)», «Star Wars: Rogue One» und «The Creator» geprägt hat: Er erzählt das Gigantische aus der Perspektive des Kleinen. Seine Kamera bleibt oft auf Bodennähe, beobachtet das Unfassbare aus Menschenhöhe. Kein orchestriertes Effektfeuerwerk aus der Vogelperspektive, sondern Staunen mit dreckigen Schuhen.

Und wenn endlich der neue T-Rex zum ersten Mal auftaucht, wirkt das nicht wie ein müder Abklatsch, sondern wird zu einem der spektakulärsten und inszenatorisch besten Actionszenen des gesamten Franchises. Schatten am Waldrand. Wellen im Flussbett. Das Knacken von Ästen irgendwo im Off. Und dann … nichts. Keine Musik. Nur Atem, Ungewissheit und Stille, bevor die Hölle über die Figuren hereinbricht.

Es ist diese Art der Inszenierung, die «Rebirth» so wohltuend aus der Reihe fallen lässt – und gleichzeitig näher an das Original heranführt, als jede Hommage es je könnte.

Ein Hoch auf Old-School

Dazu kommt die Entscheidung, «Rebirth» analog auf Kodak-Film zu drehen, wie man’s schon in den 1980ern gemacht hat – und sie macht sich in jedem Bild bezahlt. Der Look ist warm, leicht körnig, mit Farben, die eher nach Erde und Blattwerk riechen als nach Greenscreen. Es ist ein Bild, das atmet. Ein Look, der wirkt, als stamme er aus der Zeit zwischen «Jurassic Park» und «The Lost World», nur etwas klarer, dichter und bewusster komponiert.

Gerade in den Landschaftsaufnahmen entfaltet der Film seine volle Wirkung: sattgrüner Dschungel, moosüberwucherte Bäume, Licht, das sich durch Blätter frisst wie Sonnenflecken auf einer vergessenen Fotografie. In Kombination mit echten Sets und realen Locations entsteht ein Gefühl von Echtheit, das vielen Vorgängern gefehlt hat. Kein überstilisiertes Effektgewitter, sondern ein visuelles Erlebnis, das sich wieder traut, natürlich zu sein – im besten Sinne.

Auch musikalisch weiss der Film zu punkten. Alexandre Desplat zitiert die grossen John-Williams-Motive mit Respekt, aber nicht ehrfürchtig. Er bringt eigene Akzente ein, die sich mal bedrohlich, mal melancholisch, mal majestätisch entfalten. Der Soundtrack schmiegt sich nicht einfach an die Bilder. Er erweitert sie.

In Momenten wie diesen fühlt sich «Rebirth» mehr denn je wieder nach gutem, altem «Jurassic Park» an.

Gute Ansätze, verschenktes Finale

Und die Figuren? Da schwächelt «Rebirth». Die Filmfamilie fühlt sich plotmässig angetackert und überflüssig an. Mahershala Ali spielt seinen Part zwar mit stoischer Ruhe, während Scarlett Johansson einen soliden Einstieg bekommt. Am Ende bleiben sie aber genauso flach und langweilig wie Chris Pratt und Bryce Dallas Howard zuvor.

Einzig Jonathan Bailey bringt als Paläobiologe Henry Loomis etwas zurück, das längst verloren schien: echte Begeisterung. Der Blick eines Forschers, der sein Leben lang auf diesen Moment gewartet hat und ihn nicht mit einem Spruch quittiert, sondern mit Ehrfurcht und Respekt.

Ob als Schönling in «Bridgerton» oder Paläobiologe in «Jurassic World: Rebirth» – Jonathan Bailey mausert sich zum Hollywood-Star.
Ob als Schönling in «Bridgerton» oder Paläobiologe in «Jurassic World: Rebirth» – Jonathan Bailey mausert sich zum Hollywood-Star.
Quelle: Universal Pictures

Aber so gelungen der Aufbau, das Tempo und die Atmosphäre in den ersten zwei Dritteln sind – im Schlussakt verliert sich «Rebirth» im eigenen Setting und vergeigt so ziemlich alles.

Der Plot steuert auf einen Showdown zu, der nie so richtig eintrifft. Dabei wirft der Film durchaus spannende Thesen in den Raum. Etwa, dass nicht Intelligenz, sondern Glück über das Überleben einer Spezies entscheidet. Dinosaurier seien vielleicht nicht besonders klug gewesen – aber sie haben hunderte Millionen Jahre überlebt. Der Mensch hingegen? Hyperintelligent, ja. Aber auch selbstzerstörerisch. Wir werden kaum die Million-Jahre-Marke knacken, bevor wir uns auslöschen.

Nur: Der Film macht absolut rein gar nichts aus diesem Gedankenspiel. Auch das moralische Dilemma um exklusive, überteuerte Medizin bleibt Stückwerk. Statt Eskalation folgt ein Finale, das sich seltsam neutral anfühlt. Wichtige Fragen bleiben offen, und selbst eine zentrale Entscheidung einer Figur wird nicht wirklich weiter verfolgt. Und als plötzlich der Abspann einsetzt, wirkt es, als hätte jemand vergessen, noch einen letzten Akt zu schreiben.

Fazit

Noch nicht ganz ausgestorben

Was bleibt, als das Licht im Kinosaal wieder angeht, ist keine Enttäuschung. Eher ein leises Achselzucken. «Jurassic World: Rebirth» ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber kein grosser. Der Film erinnert sich an vieles, was einst so besonders war: Staunen, Spannung, Atmosphäre. Aber wenn’s drauf ankommt, fehlt der letzte Biss. Kein echtes Finale, keine kathartische Auflösung, kein Moment, der sich einbrennt.

Ich spüre, dass da mehr möglich gewesen wäre. Dass da etwas schlummert, das noch nicht ganz freigelegt wurde. «Rebirth» zeigt, dass dieses Franchise noch leben kann, wenn man es nicht mit Blockbuster-Gier überfordert. Und vielleicht ist das allein schon mehr, als ich nach Heuschrecken-Plagen und Laser-Raptoren je zu hoffen wagte.

Titelbild: Universal Pictures

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 

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