Shutterstock/Frederic Legrand - COMEO
News & Trends

Neuer Nachrichtenservice Bitchat funktioniert ohne Internet

Debora Pape
10-7-2025

Wenn der Strom ausfällt, liegt auch die Internet-Kommunikation flach – auch wenn dein Smartphone noch Saft hätte. Der neue Nachrichtendienst Bitchat des Twitter-Gründers Jack Dorsey nutzt ein Bluetooth-Netzwerk zur Offline-Kommunikation.

Wenn der Strom ausfällt, liegt auch die Internet-Kommunikation flach – auch wenn dein Smartphone noch Saft hätte. Der neue Nachrichtendienst Bitchat des Twitter-Gründers Jack Dorsey nutzt ein Bluetooth-Netzwerk zur Offline-Kommunikation.

Text: Per Messenger-App mit anderen kommunizieren – ohne Internet, Funkmasten und zentrale Server? Das war bisher nicht vorstellbar. Aber genau diese Idee hatte Jack Dorsey, bekannt als Gründer von Twitter und Mitbegründer von Bluesky. Konkurrenz für WhatsApp & Co. ist Bitchat, Dorseys experimenteller, dezentraler Nachrichtendienst, aber nicht. Die Funktionsweise der App limitiert ihren Einsatz auf den Offline-Nahbereich mit vielen Menschen. Das Hauptaugenmerk liegt auf Sicherheit, Anonymität und das Umgehen von Zensur.

Auf Github beschreibt Dorsey die Funktionsweise des Dienstes genauer. Bitchat funktioniert wie ein Mesh-Netzwerk und beruht auf den gleichen Bluetooth-Prinzipien wie Apples Airtag und Samsungs Smarttag: Je mehr Menschen Bitchat nutzen, desto besser funktioniert es.

Aktuell durchläuft Bitchat einen geschlossenen Betatest. Ob, wann und wie das Projekt für die Öffentlichkeit geöffnet wird, bleibt vorerst offen.

Bitchat nutzt die Bluetooth-Reichweite anderer Geräte

Der neue Messenger nutzt Bluetooth Low Energy (BLE), um mit anderen Geräten ein Mesh-Netzwerk für einen Peer-to-Peer-Nachrichtendienst aufzubauen. Innerhalb ihrer Bluetooth-Reichweite können Geräte direkt miteinander kommunizieren. Dazu erhält jedes Gerät eine eindeutige Kennung.

Bei größeren Entfernungen sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer erforderlich, deren Geräte als «Verbindungsbrücken» dienen. Damit Nachrichten nicht endlos über Brückengeräte im Netzwerk zirkulieren, ist auch softwareseitig eine Reichweitenbegrenzung eingebaut: Nur siebenmal darf eine Nachricht über Brückengeräte weiterspringen, danach verfällt sie. So ergibt sich eine Gesamtreichweite von rund 300 Metern.

Diese Kernfunktionen soll Bitchat haben.
Diese Kernfunktionen soll Bitchat haben.
Quelle: Jack Dorsey auf Twitter

Ist der Adressat temporär nicht erreichbar, wird die Nachricht auf anderen Geräten zwischengespeichert. Sobald sich der Empfänger wieder im Bitchat-Netzwerk anmeldet, wird die Nachricht zugestellt.

In Zukunft könnte der Messenger begrenzt auch Internetprotokolle nutzen, «sofern dabei seine Kernprinzipien nicht verletzt werden», wie Dorsey auf Github schreibt. Und dazu gehören Sicherheit und Anonymität.

Sicherheit soll an erster Stelle stehen

Dorsey ist bekennender Anhänger der Idee «Protocols, not Platforms». Dahinter steht der Gedanke, dass Kommunikation nicht über einzelne Plattformen verlaufen sollte, weil dadurch immer die Gefahr von Zensur und Kompromittierung bestehe.

Stattdessen sollen mithilfe smart genutzter Protokolle wie BLE Nachrichten dezentral weitergeleitet werden. Das entzieht sie der Kontrolle durch die Plattformbetreiber. Bitchat könnte sich also dort bewähren, wo das Internet überwacht oder der Zugang dazu verwehrt wird.

Laut Dorsey ist die Nutzung des Open-Source-Dienstes zudem anonym möglich: Eine Telefonnummer, Mail-Adresse oder andere Kennungen seien nicht erforderlich. Die Nachrichten sind darüber hinaus Ende-zu-Ende-verschlüsselt.

Allerdings wurde die App bisher nicht auf ihre Sicherheit gegenüber Hackingangriffen getestet. Das Magazin Techcrunch) spricht daher eine Warnung für die User im Betatest aus: Der App sei bislang nicht zu trauen. Gerade Dorseys Sicherheitsversprechen könnte falsche Erwartungen wecken. Es sei möglich, die Identität anderer Personen zu übernehmen und so in ihrem Namen Nachrichten zu senden und zu empfangen. In dem Beitrag wirft der Sicherheitsexperte Alex Radocea Dorsey vor, das Security-Versprechen nur zu nutzen, um Aufmerksamkeit zu generieren.

Wo sich die App bewähren könnte

Bitchat ist für die private Kommunikation in physischer Nähe gedacht. Du kannst damit keine Nachrichten über den großen Teich austauschen, vielleicht nicht einmal mit deinem Kumpel am Ende der Straße.

Dafür trumpft Bitchat dort auf, wo es kein Internet gibt oder wo es überlastet oder überwacht wird: in Katastrophengebieten, auf Protesten und natürlich während städtischer Stromausfälle. Auf diese Weise können sich Menschen organisieren, solange ihre Smartphones geladen sind. Die Leistung der App passt sich an den Akkustand des Smartphones an. Ist er geringer, wird die Umgebung seltener nach anderen teilnehmenden Geräten abgesucht.

Das System funktioniert am besten dort, wo viele Menschen den Dienst nutzen – für den Einsatz an Brennpunkten ist es also prädestiniert.

Titelbild: Shutterstock/Frederic Legrand - COMEO

27 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • News & Trends

    Meta AI fasst Chats von WhatsApp zusammen

    von Jan Johannsen

  • News & Trends

    Neue Push-Features: Bluesky will Sportfans mit mehr Kontrolle und Live-Updates binden

    von Kim Muntinga

  • News & Trends

    Die Alexa-Sprachsteuerung funktioniert jetzt mit mehreren Hue-Bridges

    von Debora Pape

10 Kommentare

Avatar
later