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Hintergrund

Patrick Mayer: Unternehmer im Rollstuhl statt Snowboard-Profi

Patrick Mayer wollte Snowboard-Profi werden, nach einem Unfall sitzt er seit 23 Jahren mit einer inkompletten Querschnittlähmung im Rollstuhl. Heute produziert der 43-Jährige Produkte für Menschen mit Handicap. Eine Geschichte über Schicksalsschläge und den Kampfgeist eines Athleten.

Am Ende des Tages wird er am Fusse des Julierpasses den Wagen vor sich sportlich überholt haben und zwei Kurven später aus meinem Blickfeld verschwunden sein. Fünf Stunden zuvor steht Patrick Mayer auf einem Parkplatz in Champfèr im Oberengadin neben seinem Minibus, nimmt den Rollstuhl aus dem Laderaum und begrüsst mich mit einem breiten Lachen im Gesicht: «Hallo Patrick.»

Wenn das Schicksal doppelt zuschlägt

Rückblende. Patrick wächst in einer sportaffinen Familie im baden-württembergischen Tübingen auf. Die Mutter Sportlehrerin, der Vater Ingenieur und Skilehrer. Die Winterferien verbringen die Mayers oft in der Schweiz. In Davos steht Patrick mit neun Jahren auf dem Jakobshorn an der Halfpipe und weiss: Ich will Profi-Snowboarder werden. 1996, mit 17 Jahren, kommt er seinem Traum einen grossen Schritt näher, als er am Sportinternat in Ftan Aufnahme findet.

Dann schlägt das Schicksal zu. Am 31. März 1999 stirbt sein Bruder unter tragischen Umständen. Ein Jahr später, am 1. April 2000, endet Patricks Laufbahn als Snowboard-Profi jäh, noch bevor sie richtig begonnen hat, bei einem Boardercross-Rennen. Die Diagnose: inkomplette Querschnittlähmung.

Ein Irrtum mit fatalen Folgen

Wieder im Hier und Jetzt stehen wir unterdessen am gefrorenen Silvaplanasee und reden über Patricks Unfall vor gut 23 Jahren. Ja, wir stehen beide, denn der Mann mit dem Bizeps eines Bodybuilders ist in der Lage, an Krücken zu gehen. Doch dazu später mehr.

Wo hat sich der Unfall eigentlich ereignet?
Patrick Mayer: Nach vier Jahren in Ftan war ich im Team Santa Cruz mit Gian Simmen. An jenem 1. April fand in Scuol das «Local Hero»-Boardercross-Rennen statt. Ein relativ kleiner Event.

Und was ist damals genau passiert?
Ich fuhr mit hohem Tempo nach rechts in eine Kompression, dann kam ein Kicker. Irgendwie war ich unkonzentriert, hatte den Turn nicht beendet und flog unkontrolliert davon. Schon in der Luft dachte ich «scheisse, scheisse, scheisse» und wusste, dass das richtig in die Hose gehen würde. Ich flog brutal weit und landete mit dem Rücken wie eine Kanonenkugel auf blankem Eis.

Ein Gespräch voller Humor über Sein oder Nichtsein

In den Wochen nach seinem Unfall steht der junge Athlet vor einer existenziellen Frage: weiterleben oder nicht und wenn ja, wie? Patrick entscheidet sich für das Leben. Es folgt die Rehabilitation in Tübingen. Dabei wird ihm nach dem ersten Schock klar, dass er Glück im Unglück hatte. Er sieht schwerverletzte Tetraplegiker, die ihren Rollstuhl mit dem Kinn steuern und ihm wird bewusst, dass der Unfall noch schlimmer hätte ausgehen können.

Acht Monate nach dem Unfall ist Patrick Mayer wieder auf der Piste. Nicht mehr als Freestyler mit dem Snowboard, sondern als Teil des deutschen Paralympic-Skiteams. Und dann erzählt er mir lachend, wie ihn Paraplegiker im Team gerne auch mal als «Hobbybehinderten» oder «Luxuskrüppel» bezeichneten. Sein Lachen ist ansteckend und ich kann nicht anders als mitzulachen.

Ohne Humor gehe es nicht, sagt Patrick. Das sei ein wichtiges Ventil und eine Möglichkeit, der Tragik etwas entgegenzusetzen.

Unternehmer statt Profisportler

Heute entwickelt der Vater eines fünfjährigen Sohnes mit seiner Firma Nicon-Tec Produkte für Menschen mit Handicap, die er unter den Markennamen Wheelblades und Safety Foot auch über Galaxus vertreibt.

Und dann hast du kurzerhand angefangen, Kufen für Rollstühle zu entwickeln?
Es kann doch nicht sein, dass wir Roboter auf den Mars schiessen, hochauflösende Bilder zur Erde schicken, Menschen im Rollstuhl hier aber noch immer an den kleinsten Barrieren scheitern. Ich bin niemand, der jammert. Ich glaube, wir müssen uns einfach clevere Technik zu Nutze machen. Zum Beispiel Kufen für Rollstühle.

Es geht darum, Spuren zu hinterlassen

Bevor wir uns am späten Nachmittag im Oberengadin auf den Heimweg über den Julierpass machen, gibt mir Patrick Mayer noch etwas mit auf die Strasse: «Schlussendlich geht es im Leben darum, etwas zu hinterlassen. Spuren im Leben von anderen Menschen. Auf meine Weise versuche ich das mit meinen Produkten zu erreichen.»

Titelfoto: Oliver Fischer

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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