
Kritik
«Once Upon a Katamari»: durchgeknallt im All
von Rainer Etzweiler

In «Routine» freue ich mich auf einen Horrortrip auf einer verlassenen Mondbasis. Die Atmosphäre macht Laune – der Rest weniger.
Ich spüre die Verzweiflung tief in meinen Knochen, als ich nach einer Stunde frustrierender Sucherei in den Wohnquartieren der Mondstation endlich das Detail entdecke, das mich weiterbringt. Ich habe lediglich einen Sicherungskasten übersehen, den ich mit einem Schuss meines Gadgets lahmlegen kann. Die Tür zu den nächsten Räumlichkeiten öffnet sich und ich kann endlich mehr von der Mondbasis erkunden.
Ich nehme mir fest vor, dass ich in den nächsten Bereichen genauer auf meine Umgebung achte. Es kann nicht sein, dass ich den nächsten Sicherungskasten oder was auch immer erneut so lange übersehe … oder?
Leider doch. In «Routine» wird es zum Alltag, Spielmechaniken hinter einer unangenehmen Steuerung und kaum wahrnehmbaren Details zu verstecken. Das ist schade, denn die Atmosphäre auf der verlassenen Mondbasis birgt Potenzial.
Doch beginnen wir von vorne: bei der Story. Wenn du Weltraum-Horror magst, wird dir die Geschichte vertraut vorkommen.
Ich wache zuerst ohne jegliche Erinnerungen auf einer Mondbasis auf. Ich bewege mich durch die verlassene Station, bis ich ein Gerät finde. Das sogenannte «KHW» (Kosmonautisches HilfsWerkzeug) ist mein persönlicher Datenassistent und mein einziger Begleiter.
Erst als ich es an mich nehme, komme ich in der Station weiter voran. Nach und nach schlüssle ich die Ereignisse auf der Mondbasis auf und erfahre, weshalb ich hier auf keine Menschenseele treffe. Ganz alleine bin ich jedoch nicht – feindselige Roboter und Monster erschweren mir das Vorankommen.
Die Art der Erzählung in Form von Texten und Tonbandaufnahmen ist ganz nett, sticht jedoch gegenüber Konkurrenzspielen wie beispielsweise «Dead Space» nicht hervor. Doch vor allem packt mich die Story nicht genug, um vom sperrigen Gameplay abzulenken.

Ein Kernelement von «Routine» ist, dass ich die technischen Geräte auf der Mondbasis von Hand bediene. Du kannst es dir so vorstellen: Sobald ich beispielsweise mit einem Bildschirm interagiere, ist es so, als würde ich wirklich die Bedienoberfläche eines Computers steuern. Mit meiner Maus, die eigentlich zum Zielen da ist, bediene ich über die Desktop-Bildschirme abermals eine virtuelle Maus. Maus-ception.

Dasselbe trifft auch auf mein KHW-Gerät zu, das sich konstant im Einsatz befindet. Damit bediene ich andere technische Geräte, schiesse auf Hindernisse und nutze die einbaubaren Module zum Lösen von Rätseln. Das haben die Entwicklerinnen und Entwickler von Lunar Software wunderbar hinbekommen: Die Bedienung der Geräte fühlt sich realistisch an – mitsamt Stärken und Schwächen.
Bevor ich eine Funktion ausführe, ist die manuelle Bedienung an der Reihe: Wenn ich das KHW-Gerät in die Hand nehme, kann ich alle Tasten anwählen. Ein Knopf verbindet mich etwa mit reparaturbedürftigen Terminals. Ich kann aber auch ein Modul einschieben, das mir eine neue Fähigkeit wie den Ultraview-Modus verleiht. Der macht Fingerabdrücke sichtbar, was sich beim Kopieren von Türcodes als nützlich erweist. Oder ich mache das KHW-Gerät bereit, um damit auf nervige Roboter zu schiessen. Doch dazu gleich mehr.
Laut Lunar Software ist «Routine» von einer 80er-Jahre-Vision der Zukunft inspiriert. Das heisst auch, dass die Technik in diesem Jahrzehnt steckengeblieben ist. Das Spiel erinnert mich deswegen vor allem daran, wie umständlich die Bedienung mancher Geräte ist – und wie froh ich um die moderne Zugänglichkeit in diesem Bereich bin.

Die immersive Bedienung der Geräte klingt deswegen auch positiver, als dass sie sich anfühlt. Es ist überhaupt nicht intuitiv und in Stresssituationen sogar störend. Darüber hinaus ist die Bedienung von Bildschirmen ohne Mausrad nach ein paar Malen so nervig, dass ich am liebsten darauf verzichten möchte.
In Survival-Horror-Spielen wie «Dead Space» ist das Rätsel-Gameplay oftmals seicht, aber dennoch unterhaltsam. Wenn das auch in «Routine» der Fall wäre, würde mich die sperrige Bedienung der futuristischen Geräte nicht stören.
Jetzt kommt das Aber: Die Rätsel sind zwar auch in «Routine» simpel gehalten, aber ihre Ausführung ist schrecklich. Wie eingangs beschrieben, bin ich wirklich eine Stunde in einem Gebiet herumgeirrt, weil ich einen Sicherungskasten schlicht und einfach nicht bemerkt habe. Er war überhaupt nicht auffällig gekennzeichnet.

An dieser Stelle war es besonders nervig, dass dort feindliche Roboter patrouilliert sind. Weil ich sie nur für kurze Zeit mit einem Schuss aus dem KHW-Gerät ausser Gefecht setzen kann, begegne ich ihnen andauernd.
Ich verliere dadurch keinen Fortschritt, weil ich ohnehin festsitze, aber dafür meine Geduld. Vor allem sehe ich den Sinn darin nicht: Die Roboter sind ein kleiner Teil der Story und tragen nichts zum atmosphärischen Horror bei. Sie stellen nur den mühsamen Teil von Weglauf-Missionen dar.
Auch im späteren Spielverlauf bleibe ich mehrfach für längere oder kürzere Zeit stecken, weil ich nicht weiss, mit welchem der gleich aussehenden Gegenstände oder Türen ich interagieren muss. Das zehrt an den Nerven und nimmt jeglichen Funken Spielspass, der anhand der Atmosphäre und des seichten Rätsel-Gameplays entstehen könnte. Mein Geduldsfaden reisst endgültig, als ich bei einem weiteren unklaren Rätsel herumirre und nicht einmal die Umgebung in Ruhe erkunden kann, weil ein Monster durch das Gebiet rennt.
Spielerfreundlichkeit sieht anders aus.

Darüber tröstet auch nicht die grundsolide Grafik hinweg. Das schicke Aussehen hat aber auch seinen Preis. Die Indie-Natur des Spiels merke ich unter anderem daran, dass alle Gegenstände ihren festen Platz haben. Ich kann sie auf Biegen und Brechen nicht bewegen. Immerhin fällt der Ultrawidescreen-Support positiv auf.
«Routine» erscheint am 4. Dezember 2025 für PC, Xbox Series X/S und Xbox One. Ich habe die Steam-Version getestet, die mir von Raw Fury zur Verfügung gestellt wurde.
Ich war gespannt auf «Routine» und habe mich auf den üblichen Horror-Alltag im Weltall bereitgemacht. Die Atmosphäre ist steril, düster und leider der einzige positive Aspekt des Spiels.
Die immersive Handhabung der Terminals und meines KHW-Gerätes verliert schnell ihren Reiz. Zurück bleibt eine Umgebung, die ich zig Male überqueren muss, ehe ich das richtige Detail finde, um voranzukommen. Wären die Interaktionsmöglichkeiten besser hervorgehoben und die Bedienung angenehmer, wäre «Routine» ein kleiner Horror-Leckerbissen. In seiner aktuellen Form ist es leider ein misslungenes Gericht.
Pro
Contra
Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.
Welche Filme, Serien, Bücher, Games oder Brettspiele taugen wirklich etwas? Empfehlungen aus persönlichen Erfahrungen.
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