Winbot W1 Pro im Test: Lohnt sich ein Fensterputzroboter?
Produkttest

Winbot W1 Pro im Test: Lohnt sich ein Fensterputzroboter?

Der Winbot W1 Pro verspricht, das lästige Fensterputzen zu automatisieren. Das funktioniert oberflächlich ganz gut. Ganz ausgereift ist der Fensterputzroboter dennoch nicht.

Fenster sind die Zahnzwischenräume des Haushalts. Sie werden erst geputzt, wenn es zu spät ist und dann so hastig, dass es nichts bringt.

Etwa wenn der Besuch der Eltern kurz bevorsteht. Dann scheint die Sonne meistens genau im perfekten Winkel durch die schmutzigen Wohnzimmerfenster. Fingerabdrücke und Schmierereien leuchten wie Mariah Carey in einem Glitzer-Catsuit auf einer Bühne. Der hastige Versuch, dem Schmutz mit Glasreiniger und Zeitungspapier Herr zu werden, scheitert kläglich. Die Verunreinigungen sitzen so tief in der Scheibe, dass nur eine professionelle Reinigung mit allerhand Tinkturen und Mittelchen wieder klare Sicht verschaffen würde. So verhält es sich auch bei den Zahnzwischenräumen – nur dass die einzig meine Zahnärztin zu Gesicht bekommt.

Fingarabdrücke und Schmierereien zieren mein Fenster.
Fingarabdrücke und Schmierereien zieren mein Fenster.
Quelle: Simon Balissat

Die verschmutzten Scheiben aber werden beim Besuch der Eltern kritisch beäugt. Ich erhalte ungefragt Ratschläge wie «Ich sag es doch: Nur etwas Wasser und Essig, dann wird das wieder sauber» oder «Hast Du so einen Scheibenabzieher? Ich bring Dir beim nächsten Besuch einen mit.»

Damit sich so eine Situation nie mehr wiederholt, will ich das Fensterputzen mit einem Roboter automatisieren. Meine Befürchtung ist, dass dieses Gadget so endet, wie Zahnsseide, Mundspülung und Interdentalbürstchen für meine Zahnzwischenräume: Sie verstauben im Schrank.

Reinigt laut, dafür langsam und nicht gründlich

Damit sich ein Fensterputzroboter lohnt, muss er drei Voraussetzungen erfüllen:

  1. Der Roboter muss schnell einsatzbereit sein und Fenster zügig putzen.
  2. Die Reinigung muss gründlich sein.
  3. Der Roboter muss leise sein.

Keine der Voraussetzungen erfüllt der Ecovac Winbot W1 Pro bei mir. Wahrscheinlich hat das mit meiner Wohnsituation in einer Altbauwohnung zu tun. Aber der Reihe nach.

Der Roboter in Aktion.
Der Roboter in Aktion.
Quelle: Simon Balissat

1. Geschwindigkeit

Der Roboter ist schnell einsatzbereit. 60 Milliliter von der mitgelieferten Reinigungsflüssigkeit einfüllen, das Stromkabel einstecken und den Schalter umlegen, schon lässt sich der Putzroboter mit einer App verbinden. Eine App, die leider nach einem Kundenkonto verlangt. Darin lege ich fest, ob ich die schnelle oder die intensive Reinigung starten will, ob der Roboter an einem Punkt intensiv reinigen soll oder in die Ecke zurückkehrt. Ist die Reinigungsart gewählt, spanne ich dem viereckigen Winbot unten eines der zwei mitgelieferten Mikrofasertücher auf. Das habe ich zuerst leicht angefeuchtet. Dann setze ich ihn an die Scheibe. Es gäbe auch eine Absturzsicherung, auf die verzichte ich allerdings. Wenn der Winbot runterpurzelt, fällt er nicht mehr als zwei Meter tief. Zwar auf den schönen Parkettboden. Aber: Life on the edge.

Eine verzerrte Stimme schreit mir aus dem Gerät entgegen, dass jetzt der «leichte» Reinigungsgang startet, dann saugt sich der Winbot am Fenster fest und geht seiner Arbeit nach: Zuerst fährt er in die rechte obere Ecke des Fensters und dreht sich dort um 90 Grad, bevor er von links nach rechts die ganze Scheibe herunterputzt. Austin Powers hat eine bessere Drei-Punkt-Wende hingekriegt.

Das Schauspiel dauert circa zwei Minuten. Bei der bis zum Boden reichenden Balkontüre etwa drei. Pro Scheibe. Da jedes meiner Fenster vier Scheiben hat (zwei innen und zwei aussen), muss ich den Roboter 28-mal abhängen und ans nächste Fenster ansetzen. Die verzerrte Stimme teilt mir zwar mit, sobald fertig geputzt ist. Das bekomme ich aber selten mit, weil ich vor dem Lärm flüchte. Mehr dazu unter Punkt 3.

2. Gründlichkeit

Hat der Roboter sein Werk vollbracht, sind die Scheiben auf den ersten Blick sauber. Das Gerät klammert sich dann immer noch an die Scheibe wie verliebte Teenager aneinander. Erst auf langes Drücken am Knopf lässt der Unterdruck nach und ich kann das Gerät an der Lederschlaufe packen. Bei starker Verschmutzung wechsle ich das Mikrofasertuch und lasse den Roboter auf die nächste Scheibe los. Dort, wo ich den Winbot entfernt habe, sind klare Abdrücke zu sehen, die ich noch einmal nachreinigen muss. Auch an den Kanten entlang ist das Fenster nicht sauber geputzt, hier muss ich ebenfalls noch einmal von Hand nachbessern. Das ist enttäuschend für ein Gerät, das mir die Haushaltsarbeit abnehmen soll.

Ich muss den Knopf länger drücken, dann kann ich den Roboter vom Fenster abnehmen.
Ich muss den Knopf länger drücken, dann kann ich den Roboter vom Fenster abnehmen.
Quelle: Simon Balissat

3. Lärm

Im Orchester der Haushaltsroboter spielt der Winbot die erste Geige. Eine Geige, die verstimmt ist und von einem vierjährigen Kind malträtiert wird. Das Geräusch, das der Roboter von sich gibt, ist schlicht nicht auszuhalten. Nicht einmal Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung helfen, das schrille Kreischen zu mindern. Ich kann mich nicht im gleichen Raum aufhalten wie der Winbot und bemerke daher nicht, wenn er nach zwei Minuten fertig ist. So winselt er nach getaner Arbeit minutenlang vor sich hin, bis ich ihn endlich an eine neue Aufgabe schicke. Wären die sechs Doppelfenster in der Wohnung mit dem Roboter theoretisch in 45 Minuten innen und aussen geputzt, dauert das bei mir doppelt so lange. Von Hand hätte ich für alle Fenster rund 60 Minuten. Also auch hier keine Ersparnis.

Damit du dir ein Bild machen kannst, wie der Winbot funktioniert, habe ich ein kurzes Video aufgenommen. Extra ohne nervige Hintergrundmusik, damit du den Lärm ungefiltert auf die Ohren kriegst.

Fazit

Ständiges Umplatzieren, unfertige Reinigung und die penetranten Geräusche machen den Winbot in meinem Fall unbrauchbar. Da putze ich die Fenster lieber selbst, selten zwar, dafür gründlich. Und die groben Verschmutzungen wische ich ab und zu im Stress weg. Ich kann mir trotzdem Anwendungen für den Winbot vorstellen. Grosse Fensterfronten oder Wintergärten lassen sich gut und mit Zeitersparnis reinigen, vor allem, wenn du sonst eine Leiter bräuchtest. Früher oder später musst du dennoch von Hand reinigen. Und leiser wird der Roboter deswegen nicht.

Schön verpackt in einem Koffer verschwindet der Winbot im Keller. Und bleibt dort.
Schön verpackt in einem Koffer verschwindet der Winbot im Keller. Und bleibt dort.
Quelle: Simon Balissat

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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