Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

Lucasfilm / Disney+
Kritik

«Andor» Staffel 2: das Wichtigste, was «Star Wars» je hervorgebracht hat

Luca Fontana
21-4-2025

Was kostet eine Rebellion wirklich? Das erzählt uns «Andor» Staffel 2. Ohne Fanservice. Ohne Heldenreise. Nur mit einer Bewegung am Rand der Auslöschung – und dem mutigsten Kapitel, das «Star Wars» je geschrieben hat.

Keine Sorge: Die folgende Serienkritik enthält keine Spoiler. Ich verrate dir nicht mehr, als ohnehin schon bekannt und in den Trailern zu sehen ist. Die Serie startet am 23. April auf Disney+ und bringt wöchentlich drei neue Folgen.

Niemand hatte 2016, als «Rogue One – A Star Wars Story» ins Kino kam, nach einer Serie über Cassian Andor (Diego Luna) gefragt. Und doch liefert Tony Gilroy, der Mann hinter der Serie, mit «Andor» ohne Zweifel das Beste, Reifste und Relevanteste ab, was «Star Wars» je hervorgebracht hat.

Schon wieder.

Schon Staffel 1 fegte wie ein Sandsturm auf Tatooine durch das gewohnte «Star Wars»-Vokabular und verzichtete auf Jedi, Fan-Service-Showdowns und Märchenlogik. Staffel 2 macht genau dort weiter. Kompromissloser sogar, strukturierter und politischer. Ein Spionagethriller, der sich zunehmend als Kriegsdrama entpuppt. Trocken. Dicht. Bitter. Denn was nützt ein gerechtes Ziel, wenn es nur mit ungerechten Mitteln erreicht werden kann?

«Andor» stellt diese Frage nicht mit Pathos, sondern mit Präzision: kein Satz zu viel, kein Bild zu platt. Alles dient der Frage, was Menschen zu Mittätern macht – und was passiert, wenn man sich dem Feind annähert, um ihn zu besiegen.

Der Mann, der «Star Wars» ernst nimmt

Bevor man über «Andor» spricht, muss man über Tony Gilroy sprechen. Über den Mann, der «Star Wars» nicht als Mythos behandelt – sondern als Mahnmal.

Brutal und unaufhaltsam.

Das passte anfangs nicht allen Fans. Zu «erwachsen» sei «Star Wars» unter seiner Federführung. Zu ernst. Zu politisch. Gilroy hingegen hatte längst verstanden, dass «Star Wars» schon immer politisch war.

Die Original-Trilogie etwa zeigte das Imperium als faschistisches Regime, angelehnt an Nazideutschland. Die Prequels waren nicht nur eine düstere Studie über den Zerfall demokratischer Institutionen, sondern vor allem darüber, wie Diktaturen in «donnerndem Applaus» geschmiedet werden – mit Szenen, die das heutige weltpolitische Gebaren akkurater wiedergeben, als uns lieb sein kann.

Gilroy knüpfte mit «Andor» genau daran an und zog die Schrauben nochmals fester – ohne Jedi, ohne Schablonen, ohne Rücksicht auf Erwartungen. Dafür mit dem Mut, eine Geschichte zu erzählen, in der sich nicht nur die Bösen kompromittieren, sondern auch die Guten.

Gerade die Guten.

Anders als in George Lucas «Star Wars» ist das Imperium in «Andor» nämlich keineswegs eine Karikatur seiner selbst, sondern eine gut geölte Maschine der Kontrolle. Bürokratisch organisiert, rhetorisch geschult, ideologisch eiskalt.

Die Rebellion antwortet darauf mit Kollateralschaden, Zynismus und mit Figuren wie Luthen Rael (Stellan Skarsgård) oder Saw Gerrera (Forest Whitaker), die längst bereit sind, ihre eigene Rechtschaffenheit auf dem Altar der Freiheit zu opfern. Was einst als Kampf Gut gegen Böse galt, wird in «Andor» zur Frage, wie weit man selbst bereit ist zu gehen – und ob man am Ende noch erkennt, wofür man eigentlich kämpft.

Nein, «Andor» ist kein Märchen. Weder die erste noch die zweite Staffel. Es ist als politisches Drama gedacht, das «Star Wars» aus dem Reich der Helden zurück in den Schatten der Realität holt – und uns ständig dazu zwingt, in den Spiegel zu schauen.

Der Preis der Rebellion

Zwölf finale Episoden bekommen wir also zu sehen – eine dritte Staffel wird es nicht geben. Erzählt wird Staffel 2 in vier Mini-Trilogien, wöchentlich veröffentlicht. Jede davon spielt ein Jahr von der vorherigen entfernt. So schliesst «Andor» die vierjährige Lücke zwischen Staffel 1 und «Rogue One», der eigentlichen Geburtsstunde der Rebellion.

Das macht «Andor» nicht nur inhaltlich so besonders. Sondern auch strukturell. «Andor» ist kein Schnellkochtopf-Plot. Die Serie lässt Dinge lieber zuerst brodeln. Sie beobachtet, wie Druck entsteht, wie Figuren schwanken, schweigen, brechen. Sie zeigt eine Galaxis, die taumelt. Eine Bewegung, die noch keine ist. Und Figuren, die nicht wissen, ob sie noch Menschen oder längst schon Werkzeuge sind.

Und immer, wenn sich eine Mini-Trilogie ihrem Ende neigt, wird die Spannung kaum aushaltbar. Als ob sich der Druck im Kochtopf nicht mehr vom Deckel darauf zurückhalten liesse. Und wenn die Explosion schliesslich kommt, wirkt sie nicht wie Action – sondern wie die unausweichliche emotionale Kettenreaktion, in der Menschen zerbrechen. Oder verschwinden.

Nächste Mini-Trilogie. Das Brodeln beginnt von vorne.

Es sind genau solche Geschichten, die im ansonsten kindgerechten «Star Wars»-Universum keinen Platz haben, die «Andor» als Serie aber umso wertvoller machen. Mon Mothmas Tragik liegt nämlich darin, dass sie nicht nur eine Entscheidung trifft, sondern dass sie sie allein trifft. Um sie herum: Männer, die taktieren. Informelle Netzwerke. Rebellische Pragmatiker. Und Luthen Rael, der längst auf einem Pfad wandelt, der mit Moral nichts mehr zu tun hat.

Mothma hingegen kämpft nicht nur gegen das Imperium, sondern gegen ein System, das keine Idealistinnen mehr kennt – und gegen ihre eigene Fassade. Sie bleibt Teil des politischen Apparats, muss weiterhin Hände schütteln, lächeln, taktisch denken. Doch innerlich beginnt sie zu bröckeln. Und je weiter sie geht, desto mehr stellt sich die Frage: Wer rettet eigentlich die, die ihre eigene Integrität opfern, um andere zu retten?

Das ist es, was ich meine, wenn ich mit Freunden über «Andor»’s nunmehr bestens etablierte Brillanz rede: Es sind nicht die grossen Schlachten, die mich am meisten erschüttern. Es sind Komplizenschaften, die nicht befohlen, sondern geflüstert werden. Und wenn ich ehrlich bin, dann ist die tödlichste Waffe in dieser Serie wohl gar nicht der Blaster oder das Lichtschwert – sondern das Gewissen.

Und wie leicht es sich opfern lässt.

Fernsehen, das nach Kino schreit

Kein Wunder. Das Imperium erleben wir in «Andor» als kalte Bürokratie der Auslöschung, die ebenso technokratisch, präzise wie entmenschlicht funktioniert. Und wer diesem System etwas entgegensetzen will, muss lernen, ebenso kompromisslos zu denken.

Vielleicht war das der Grund, warum man Tony Gilroy trotz aller frühen internen Zweifel letztlich machen liess. Warum man ihm vertraute. Warum man nicht in Panik verfallen ist – sondern ihm Zeit, Mittel und künstlerische Freiheit gegeben hat, um Staffel 2 genau so zu erzählen, wie sie erzählt werden muss.

«Ironic», würde Imperator Palpatine heute dazu sagen. Denn «Andor» ist nicht nur ein Ausnahmefall im «Star Wars»-Kosmos. Es ist eine Rebellion – gegen die eigene Marke, gegen formelhaftes Erzählen und gegen den Gedanken, dass «Star Wars» immer gleich klingen muss.

Fazit

Gelungene Rebellion bei «Star Wars»

«Andor» ist kein Produkt. Es ist Haltung. Handschrift. Konsequenz. Und vielleicht gerade deshalb die beste Entscheidung, die Disney in seiner Ära «Star Wars» getroffen hat.

Die Serie stellt kaum einfache Fragen – und gibt noch weniger einfache Antworten. Sie zeigt, wie nahe sich Feind und Widerstand kommen können, wenn der Zweck jedes Mittel heiligt. Denn das Imperium kalkuliert zwar mit Leichen – aber die Rebellion auch. Und was «Rogue One» noch andeutete, macht «Andor» endgültig zur bitteren Realität: Auch das Gute hat Blut an den Händen.

Was Tony Gilroy hier geschaffen hat, ist nicht einfach gutes Fernsehen. Es ist Kunst im Korsett einer Marke, die längst zur Maschine geworden ist. Und genau deshalb ist «Andor» ein Glücksfall. Ein Thriller und Drama im Sternenstaub. Kurz: Das Beste, was «Star Wars» je passiert ist, seit George Lucas aufgehört hat, es als Mythos zu träumen.

Titelbild: Lucasfilm / Disney+

130 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


Kritik

Welche Filme, Serien, Bücher, Games oder Brettspiele taugen wirklich etwas? Empfehlungen aus persönlichen Erfahrungen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Kritik

    «Andor» – Der Krieg der Sterne wird erwachsen

    von Luca Fontana

  • Kritik

    «Star Wars: The Acolyte»: So gut sind die ersten zwei Folgen

    von Luca Fontana

  • Kritik

    «Skeleton Crew»: Eine Ode an die Kindheit

    von Luca Fontana