
Ratgeber
Welche Fettsäuren guttun – und welche du meiden solltest
von Anna Sandner
Grün schimmernd, rar und teuer: Was Avocadoöl ausmacht, welche Rolle Qualität spielt und warum sein Image oft mehr verspricht als der Inhalt.
Avocadoöl klingt nach flüssigem Lifestyle: grün schimmernd, teuer, angeblich ein Herzschützer – und von Influencern längst mit dem Etikett «Superfood» geschmückt. Doch wie gesund ist es wirklich, und was steckt hinter der glänzenden Fassade?
Avocadoöl wird – anders als viele andere Pflanzenöle – nicht aus dem Samen, sondern aus dem Fruchtfleisch der Avocado (Persea americana) gewonnen. Für gerade einmal 100 Gramm Öl braucht es rund 20 Avocados – angebaut wird überwiegend in Mexiko, Peru oder Südafrika. Die hochwertigste Variante ist kaltgepresstes, natives Avocadoöl. Es behält die typische grüne Farbe und das charakteristische Avocado-Aroma. Raffiniertes Avocadoöl hingegen verliert viele Pigmente und bioaktive Pflanzenstoffe. Es hält sich dafür länger und schmeckt neutraler.
Ob ein Avocadoöl wirklich hochwertig ist, kannst du am Etikett nur bedingt ablesen – verbindliche Standards oder strenge Kontrollen gibt es bislang kaum. Eine Studie aus den USA zeigt, dass insbesondere günstige Avocadoöle problematisch sind: In fast 70 Prozent der getesteten Produkte fanden die Forschenden entweder Fremdöle – oder ein Öl, das längst verdorben war. Wer Qualität sucht, sollte also nicht nur auf Preis oder Marke vertrauen, sondern auf unabhängige Prüfsiegel und zertifizierte Herkunft achten.
Praktischer Hinweis: Avocadoöl neigt relativ schnell zur Oxidation. Bewahre es deshalb kühl und dunkel auf, damit es nicht ranzig wird.
Avocadoöl besteht zu etwa 70 Prozent aus Ölsäure – jener Herz-Kreislauf-freundlichen Fettsäure, die auch Olivenöl seinen Ruf als besonders gesund eingebracht hat. Außerdem enthält es Linolsäure (Omega 6), Palmitinsäure sowie Spuren weiterer Lipide.
Damit bringt es einen vergleichbaren Fettgehalt wie Olivenöl mit, enthält jedoch weniger sekundäre Pflanzenstoffe, etwa Polyphenole, die im Olivenöl eine wichtige Rolle spielen. In der Forschung steht Avocadoöl (noch) nicht so sehr im Rampenlicht. Für den Menschen konnte bislang immerhin gezeigt werden, dass es hilft, den LDL-Cholesterinspiegel zu senken und HDL zu erhöhen. Die Datenlage ist aber längst nicht so umfassend wie für Olivenöl.
Avocadoöl liefert durchaus wertvolle Fette und kann eine sinnvolle Ergänzung sein – mehr aber auch nicht. Ob es genauso herzschützend wirkt wie Olivenöl, ist wissenschaftlich noch offen.
Technisch lässt sich Avocadoöl gut einsetzen: Mit einem Rauchpunkt von 190 bis 260 °C ist es hitzestabil und eignet sich auch zum Braten. Doch wer es im Alltag nutzt, muss bereit sein, für ein geschmacksneutrales Öl einen überdurchschnittlichen Preis zu zahlen. Regional produziertes Raps- oder Olivenöl bietet ähnliche Einsatzmöglichkeiten – und kommt meist transparenter hinsichtlich Herkunft und Qualität daher.
Ein starkes Gegenargument ist die schlechte Ökobilanz: Für ein Kilogramm Avocados – wohlgemerkt noch nicht Öl – werden zwischen 1000 bis 2000 Liter Wasser benötigt. Und das hauptsächlich in Anbaugebieten, in denen Wasser ohnehin knapp ist.
Gesundheitlich steht Avocadoöl zwar nicht im Abseits – aber es bietet auch keine exklusiven Vorteile, die Raps- oder Olivenöl nicht liefern würden. Was bleibt, ist der Status als teures Nischenprodukt: wenig erforscht, anfällig für Panschereien und mit problematischer Umweltbilanz.
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.
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